Wenn Freunde uns in der Oberlausitz besuchen, höre ich oft von ihnen, dass die Landschaft zwar atemberaubend schön, aber es sonst ausgesprochen ruhig sei.
Um uns nicht zu kränken vermeiden Sie das Wort langweilig.
Wir verstehen das. Der Lebensrhythmus ist eben bei uns anders als in der Stadt. Dabei kommt auch bei uns Langeweile fast nie auf. Besonders jetzt nicht im Sommer. Überall ehrenamtlich liebevoll organisierte Dorffeste. An diesem Wochenende feiert Oybin das Burgfest und der Hain das Bergwiesenfest.
20 km von uns entfernt auf der tschechischen Seite kündigt sich unüberhörbar ein ganz anderes Fest an. Auf den kurvenreichen Straßen, die durch Wälder, blühende Wiesen und felsige Schluchten führen sind Biker aus Polen, Tschechien, der Slowakei und Deutschland unterwegs. Ihr Ziel ist das Bikertreffen in der größten Bikerhöhle Pekelne Doly” (Teufelsgrube) in Europa.
Da fast jedes Navigationsgerät versagt, müssen sie immer wieder einmal anhalten und nachfragen. Dabei werden dann wenige Kilometer vor dem Ziel gleichzeitig die Helme gegen fetzige Tücher und Mützen ausgetauscht. Das macht die Einfahrt in die Höhlenlandschaft noch verwegener .Die tschechische Polizei hält sich ohnehin zurück, denn diese Bikertreffen verlaufen immer absolut zwanglos, friedlich und diszipliniert.
Was man in Europa nicht man nicht von allen Bikertreffen sagen kann. Allen Neulingen verschlägt es beim Anblick der Höhle zunächst einmal die Sprache. Der abgefahrenste Bikertreff auf dem Planeten. Ein großer domartiger Raum, mit 4 m großen aus dem Sandstein herausgeschlagenen Stützsäulen auf 3500 m² Fläche.
Entstanden aus dem Abbau des quarzhaltigen Sands, der für das Schleifen in Spiegelfabriken und im Glashandwerk gebraucht wurde. Durch die vielen großen in Stein gemeißelten Eingänge können die Biker mit ihren Motorrädern, über auf den Boden gemalte Fahrspuren, am Tresen vorbei, durch die ganze Höhle fahren.
Nachlager ist frei.
Wer nachts eine Matratze braucht- bei konstanter Höhlentemperatur von 13 Grad empfehlenswert-bezahlt 1,00 €.
Also sitzen, bei den Klängen einer Band, alle in und vor Höhle zusammen, essen ,trinken und reden und radebrechen über Motorräder, Computer, empfehlenswerte Routen und natürlich Frauen.
Alltagsprobleme bleiben draußen. Dafür ist am Montag wieder Zeit.
Als ich erzähle, dass in dieser Höhle 1944 200 Tschechen, Russen und Polen unter dem Decknamen“ Nautilus“ Waffen für Messerschmitt hergestellt haben und die Nationen nicht so friedlich an einen Tisch zusammensaßen wie wir, meint der bärtige Slowake Slavko, das wäre doch ein guter Grund darauf zu trinken, das es immer so bleibt wie jetzt. Richtig! Einen besseren Grund gibt es wirklich nicht.
Auch nicht in der Provinz, ohne die es die große Welt nicht geben würde.
Oder ?
Heinz Eggert
bikerpfarrer 