Gedenken: 75 Jahre Befreiung der Konzentrationslager

ein AUSRUF

Ich war mit Leon Schwarzbaum (Auschwitz- und Todesmarschüberlebender) auf einer Kurzreise und bin als evangelischer Pfarrer immer noch voller Demut, dass Leon mich in seinem Zuhause empfing und mich würdigte, seiner Lebensgeschichte zuhören zu dürfen. Und ich bin dankbar, mit ihm ein Glas Wein getrunken zu haben. Solche eigentlich menschlichen Kleinigkeiten werden groß angesichts der Schwere der Schuld, die Deutsche und deutsche Geistliche in Nazizeiten auf sich geladen haben.

Ich bin unendlich dankbar dafür, in Auschwitz-Birkenau, dort, wo das Krematorium 2 stand, gemeinsam mit einem Rabbi einen kurzen Gottesdienst unter seiner Führung gestaltet und gefeiert zu haben. Das ist keineswegs selbstverständlich. Meinerseits war es ein Zeichen der Bitte um Vergebung und Versöhnung. Und der Rebbe gewährte uns beiden dort gemeinsame Zukunft. Los werde ich die Vergangenheit nicht; er ebenfalls nicht. Aber dass man gemeinsam einen kleinen Schritt Richtung gemeinsamer Zukunft getan hat, und das an diesem Orte, ist mir ein kostbares Gut und ein göttliches Geschenk.

Umso mehr, und das gehört genau hier hin, erschreckt und entsetzt es mich, dass Juden sich in Deutschland nicht sicher fühlen und ernstlich erwägen, dem Land den Rücken zu kehren. Heute!, wo wir vor wenigen Jahren erst erstaunt und erfreut waren, dass jüdisches Leben im Geltungsbereich unseres Grundgesetzes frühlingshaft zart erblühte und sich entwickelte.

Dieses Pflänzlein kann und darf nicht zertreten werdend !

Wir MÜSSEN (ich mag diesen Ton sonst nicht so) alles dafür tun, dass sich Mitbürger jüdischen Glaubens hier in ihrer Heimat heimisch und sicher fühlen !

Wehret den bösen Geistern in allen ihren Erscheinungsformen, den rechten und den linken wie den islamistischen !

Deckt auf den Antisemitismus in unserer Mitte und vertreibt ihn aus dem Alltag !
Er ist Gift für uns alle.

Über bikerpfarrer

Beauftragter der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz für die Arbeit mit Motorradfahrenden. www.ekbo.de
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Eine Antwort zu Gedenken: 75 Jahre Befreiung der Konzentrationslager

  1. Thomas Jakob schreibt:

    Gefühle der Dankbarkeit, dass ehemalige Auschwitz-Häftlinge und jüdische Vertreter sich mit mir als Deutschem überhaupt beschäftigen, kenne ich gut von einem eigenen Besuch in Auschwitz vor über 30 Jahren. Zum einen denke ich dabei an einen Polen, der Auschwitz überlebt hatte und uns davon erzählte, zum anderen an den Kustos eines alten jüdischen Friedhofs in Krakau, der uns dort durch führte und sich mehrfach für sein schlechtes Deutsch entschuldigte. Tatsächlich war es kein reines Hochdeutsch, sondern eine Mischung von Deutsch und Jiddisch, und ich hätte ihn dafür umarmen können.

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