versammelt. gefasst.

Was mich die SocMed lehrten, dass es nicht nur ein Leben diesseits von Facebook & co gibt, sondern dass das richtige Leben sich dort abspielt. Die wöchentlichen Treffen der Gruppe Christ und Motorrad zum Beispiel: Weder Verein, noch Arbeitsgemeinschaft, noch Freundeskreis – finden diese Treffen seit einem halben Jahrhundert statt. Manchmal waren es nur zwei Personen, dann wieder viele. Doch es kamen immer welche und bildeten ein soziales Gefüge, dessen Kern der Dienstag Abend war.

Ich sage war, und bin gewiss, er wird es wieder sein. Denn die Coronaregeln haben diese Kontinuität unterbrochen. Einmalig in der Geschichte der Gruppe. Und das Verlegen auf WhatsApp mag eine gewisse Zeit gutgehen, dauerhaft umswitchen auf Internet würde irgendwann zu Erosionen und schließlich zum Tod der Gruppe führen.
Gewiss, ich kann Motorradfahren ohne die Gruppe. Ich brauche sie dazu nicht. Und mein Wissen über Motorradpflege, Reifen, Ölsorten kann ich mir auch im Internet zusammensuchen. Doch wer hört mir zu, wenn ich von meinen Erfahrungen auf dem Moped erzählen möchte? Das Geschwurbel ins Netz stellen und likes zählen ersetzt nicht den Austausch face to face diesseits der SocMeds.
Gewiss kann ich mein Christsein außerhalb von Kirchgebäuden zelebrieren, „ich brauche dazu keine Kirche“, wie man mir berichtet. Doch Erfahrung möchte erzählt sein; dazu zählt die Erfahrung, gehört zu werden; nicht nur gelesen. Das Kopfnicken oder Kopfschütteln – wie findet es genau statt? Wie stark erregt mein Wort das Gemüt anderer? Wie heftig und anhaltend ist die Reaktion? Das alles lässt sich nicht runterbrechen auf digitale Kommunikation. Die hat ihre eigenen Regeln und ist ihrerseits unersetzbar. So unersetzbar wie die Begegnung im wirklichen Leben.

Ich kann mir ein Leben ohne digitale Möglichkeiten gut vorstellen; ich habs ja auch schon erlebt – damals, als es das www noch nicht gab. Ich kann mir jedoch ein Leben ohne Gemeinschaftsmöglichkeit nicht vorstellen. Corona ist eine Ausnahmsituation und alle Beschränkungen sollen die Ausnahme bleiben. Die Regel sieht anders aus.

Ramadan 2020 wird uns zeigen, dass politische Ausnahmesituationen religiöse Regeln niemals brechen können; bestenfalls können sie etwas gedämpft werden.
Und ein Blick auf die heutige Tageslosung und den angefügten sogenannten Lehrtext lehrt, dass es nicht nur im Islam, sondern zuvor schon im Christentum und zuerst im Judentum die Regel war: sich zu versammeln, um Gott die Ehre zu geben. Das beste, was wir tun können.

Ever.

Lobet Gott in den Versammlungen!
(Psalm 68,27)

Als die große Menge, die aufs Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem kommen werde, nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus ihm entgegen und schrien: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel!
(Johannes 12,12-13)

Über bikerpfarrer

Beauftragter der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz für die Arbeit mit Motorradfahrenden. www.ekbo.de
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