Relationen

Wer von uns Bikern kennt das nicht: Kaum hast du dein Motorrad irgendwo abgestellt, erntest du neugierige oder wohlwollende Blicke; sehr selten schaut dich jemand grimmig an. Und sehr oft bist du schon bald in ein freundliches Gespräch rund ums Thema Motorradfahren verwickelt. Woran liegt das? Es ist das etwas exzentrische, besondere, die imponierende Schutzkleidung; vor allem ist es die Relation von Mensch und Maschine, die erst aus der Nähe betrachtet richtig deutlich wird, kurz: Du siehst „anders“ aus, hebst dich von der Masse der anderen Verkehrsteilnehmer ab. Wir Biker sind halt ein eigenartiges Völkchen.

Christen sieht man ihr Christsein so ohne weiteres nicht an. Auch sie sind ein eigenartiges „Völkchen“; aber was ist ihre/unsere Eigenart? Was das Eigentümliche dieser Religion?

Fragen wir Nichtchristen:
Moslems z.B. verstehen viel vom Christentum: Gott ehren und loben, Gutes tun ist ihnen ja nicht fremd. Selbst Jesus verehren sie als „Siegel der Heiligkeit“. Dass er aber zugleich wahrer Mensch und wahrer Gott sei und als solcher gar am Kreuz hingerichtet wurde, das finden sie ärgerlich.

Fragen wir Nichtchristen:
Humanisten z.B. können sehr gut verstehen, dass ein Gerechter um seiner Worte und Taten willen leiden und sterben muss. „Jesus als Sozialreformer“? Kein Problem. Aber brauchte man dazu Gott? Ginge doch auch ohne; und ein Gott, der stirbt, war eh schon tot. Kreuz und Auferstehung erscheinen ihnen als absurd und fremd.

Fragen wir also Nichtchristen nach dem Ureigensten des Christentums, dann ist es gerade das, was sie daran ärgert oder befremdet. (Vgl. 1Kor 1, 18-24)

Warum die anderen, die Nichtchristen fragen, und nicht etwa die kirchliche Lehre? Na das ist das Feld der Religionen, das ist die Welt des Säkularen, in welcher wir christliche Biker überwiegend unterwegs sind; nicht binnenkirchlich, sondern draußen, da wo die anderen alle sind.

Eigentlich müssten auch Christen mit Nichtchristen genauso leicht ins Gespräch kommen, wie Motorradfahrer mit Nichtmotorradfahrern. Doch uns sieht man unsere Religion eben nicht gleich auf den ersten Blick an. Wir müssten unsere Eigenart schon deutlicher ins Gespräch bringen. Im Alltag. Beim Bäcker: „Zwei Stück Kuchen bitte. Die Jungs brauchen noch was im Magen, bevor ich sie zum Konfirmandenunterricht bringe.“ In der Boutique: „Meinen Sie, ich könnte den Pulli auch Sonntags im Gottesdienst tragen?“ An der Tanke: „Ein Benzingutschein als Geschenk, bitte; unsere Kirchenmusikerin feiert ein Dienstjubiläum“. Wie schnell wären wir in einem Gespräch rund um unseren Glauben. Warum auch nicht? Man müsste allerdings gewappnet sein, geistlich gerüstet (cf. Eph. 6, 10 ff), auskunftsfähig. Nicht nur ein Blick in die Bibel, sondern ein Leben mit der Bibel ist da hilfreich. Hier geht’s nämlich aus der Nähe betrachtet um die Relation von Mensch und Gott. Und die ist auch dann noch von Bedeutung, wenn die Relation von Mensch und Maschine keine Rolle mehr spielt, wenn das Motorradfahren längst aufgegeben wurde.

Über bikerpfarrer

Beauftragter der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz für die Arbeit mit Motorradfahrenden. www.ekbo.de
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3 Antworten zu Relationen

  1. wasdunichtwillstdassmandirtu schreibt:

    das kenn ich iwoher :))) schön! :)))

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  2. Ralf Schwieger schreibt:

    nunja, steh ich mit dem Motorrad irgendwo rum, stimmt das alles. Fahr ich aber durch die Gegend, dann kriegen manche einen Schreck, finden meinen Fahrstill riskant, oder meinen Auspuff zu laut. Übertragen: Bin ich Christ und steh nur so rum, ist alles ok; lebe ich aber mein Christsein öffentlich, kriegen manche einen Schreck, finden meinen Lebenstill seltsammoder meine Meinung zu politisch.

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  3. Pingback: Relationen: Born to be wild « theolounge.de

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